Vija Gune: Nixenfeuer (Nâruguns)

ca. 190 S. | Erschienen in Karogs Nr. 9 - 11/1996


Der Roman Nixenfeuer spielt auf vier Zeitebenen. Mehrere Episoden sowie eine Sage, die sowohl sprachlich als auch inhaltlich zunächst für sich zu stehen scheinen, werden aus den Perspektiven verschiedener Menschen erzählt, wobei die letzten Worte des vorhergehenden meist die ersten des folgenden Erzählstücks bilden. Erst allmählich fügen sich die Fragmente zu dem Gesamtbild einer entstehenden Nation sowie eines rätselhaften Mordes, der in Lettland „zu einer Zeit geschah, da ein solches Verbrechen noch etwas Außergewöhnliches, ungemein entsetzliches darstellte”.

Dem Roman liegt ein authentischer Fall zugrunde: der bis heute unaufgeklärte Mord an dem deutschen Apotheker Dr. Mangenfeld im Jahre 1937. Gune ergeht sich weder in Spekulationen noch versucht sie, einen Täter zu ermitteln; vielmehr widmet sie sich dem Aufspüren menschlicher Dimensionen und offenbart auf behutsame Art die Innenräume höchst unterschiedlicher Persönlichkeiten. Die jeweilige Perspektive der Figuren, ihre Sicht auf Mitmenschen und Umwelt ist plastisch und überzeugend. Es entsteht ein tiefer Eindruck von Zeit und Ort: Lettland im 17. Jahrhundert, während des Ersten Weltkriegs, während der Jahre der Unabhängigkeit (1918 bis 1940) und heute.

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